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BA 13 im Jahr 2011
Die Tram fährt nach St. Emmeram
Pünktlich fertig und nicht teurer als geplant
(11. Dezember 2011) - Im Schneeregen wurde am auf dem Festplatz am Cosimabad die Trambahnstrecke nach St. Emmeram eröffnet. Herbert König, Chef der Münchner
Verkehrsgesellschaft (MVG), behauptete trotzdem, Petrus habe es gut mit den Trambahnbauern gemeint, denn ohne die fünf schönen Herbstwochen wäre er schwierig geworden, das Projekt rechtzeitig zu Ende
zu bringen. Es kostete, wie kalkuliert, 43 Millionen Euro.
OB Christian Ude versicherte wieder einmal, dass München im weltweiten Trend der Trambahn-Renaissance liege. Auch in Bogenhausen sei es wie immer, wenn in München eine Trambahn gebaut werde:
,,Es gibt dann kaum jemanden, der sich daran erinnern kann, dass er mal dagegen gewesen ist."
Am Nachmittag drängten sich die Fahrgäste an den Haltestellen, um kostenlos die neue Strecke zu
besichtigen.
Erster Spatenstich, v.r.: OB Christan Ude, Herbert König, Vorsitzender der Ge-
schäftsführung der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und Ulrich Tetzner, 1. Stellv. Vorsitzender des BA 13.
Wie alles anfing
Die Diskussion um die Trambahnstrecke nach St. Emmeram begann schon in den Sechziger Jahren, „da bin ich noch zur Schule gegangen“, erzählte Ober-
bürgermeister Christian Ude beim ersten Spatenstich. 1991 habe der Grund-satzstreit begonnen: „Dürfen, sollen, müssen wir eine Straßenbahn bauen.“
Der Weg war lang und steinig. Er habe in den Bürgerversammlungen „mit Engelszungen auf die Bürger eingeredet und die überzeugende Mehrheit von einer Stimme bekommen“. Es seien „heftige
Widerstände“ zu überwinden gewesen. Die CSU war lange dagegen und machte in der Bevölkerung Stimmung gegen die Tram nach St. Emmeram.
Die Tram sei keine Münchner Marotte, versicherte Ude. Es gebe eine Renaissance der Straßenbahn weltweit. Nicht nur die Olympiastädte Athen und Vancouver und in der Münchner Partnerstadt
Bordeaux hätten erkannt, „dass sie eine Straßenbahn brauchen, um die Innenstädte zu beleben“. In 300 Städten fahren Straßenbahnen, hundert haben die Tram wiederbelebt, weitere hundert eine neue
gebaut.
Die Gründe: „Eine Straßenbahn ist billiger als eine U-Bahn, die kostet das Zehnfache.“ Und was die Umwelt betrifft: „Die Autoindustrie setzt auf Elektro-mobilität. Das haben wir in München
seit 100 Jahren.“ Die Tram sei das „Rückgrat der weiteren Siedlungsentwicklung“, gerade im Münchner Osten.
Als „wichtigstes Projekt seit Eröffnung der U-Bahnstation Arabellapark“ im Münchner Osten bezeichnete Ulrich Tetzner (CSU), Erster Stellvertretender BA-Vorsitzender, die Tram nach St. Emmeram.
Das Projekt sei lange umstrit-ten gewesen, „ich hätte auch lieber die U-Bahn gehabt“. Aber „so lassen, wie es ist“, sei keine Lösung gewesen. Man müsse kein Verkehrsexperte sein, um das angesichts
der Bauvorhaben, vor allem auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne, zu erkennen.
Das Schicksal ist ja manchmal gemein. Ausgerechnet ein Mitglied der CSU-Fraktion des BA, die jahrelang das Projekt miesgemacht hatte, musste die Trambahn nach St. Emmeram loben.
Geteiltes Leid, halbes Leid - OB Ude hatte zuvor Tetzner geraten: „Denken Sie sich nix, bei der Mae West geht’s mir genauso.“ Das 56 Meter hohe Bauwerk auf dem Effnerplatz, für das der-zeit die
Fundamente gelegt werden, mag der OB nicht, und muss es doch im Herbst einweihen.
Ulrich Tetzner machte den Anwohnern Mut. Natürlich seien Lärm, Dreck, Verkehrs-beeinträchtigungen unvermeidlich. Aber: „ Wir haben fünf Jahre Tunnelbau über-´standen, wir werden auch
anderthalb Jahre Trambahnbau überstehen.“ Der Lohn: „In weniger als 20 Minuten schnell und sicher in die Innenstadt.“ Wenn das jeder zwei bis drei Mal ausprobiert und genossen habe, werde die
Trambahn auf eine breite Zustimmung stoßen.
Wenn sich Historie und Moderne ergänzen
Richtfest des Trockenstadls auf Baugelände Balance in Oberföhring
(20. Oktober 2011) - Der Verein NordOstKultur feierte mit Musik, Leberkäs, Brezen und Bier gemeinsam mit vielen Gästen das Richtfest des wieder aufgebauten Trockenstadls der Alten Ziegelei Oberföhring auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei Josef Haid in Oberföhring. Das Bauobjekt der Firma HI-Wohnbau wird den Namen Balance tragen. Geschäftsführer Reinhard Mittmann, den den Erhalt des Bauwerks finanziell unterstützte, sprach von einer Balance zwischen Moderne und dem Bewahren der historischen Zeugen von Leben und Arbeit.
Roland Krack, 1. Vorsitzender des Vereins, bedankte sich beim Bauträger, dem Kulturreferat der Stadt und allen, die geholfen haben, den Stadl abzubrechen und wieder aufzubauen. Auch Studendenten
der FH Rosenheim arbeiteten mit. Einer von ihnen, Felix Gruschke, schrieb darüber seine Diplomarbeit.
Fast alle Teile sind original erhalten. Wenn etwas fehlte, wusste Krack Hilfe: ,,Wir haben heimlich einen maroden Stadel von seiner Dachlast befreit."
Grüne: Tram nicht durch Englischen Garten
Auch CSU und FDP lehnen den Antrag der SPD ab
(14. Oktober 2011) - Als „attraktive, tangentiale Verbindung von Bogenhausen nach Schwabing und Neuhausen“ fordert die SPD-Fraktion im BA 13 eine Trambahnlinie durch den Englischen Garten Der Unterausschuss Planung lehnte den Antrag ab (6:6 Stimmen). Im Plenum ging es rund.
Eine Frechheit, was da gelaufen ist“, schimpfte Matthias Weigel (CSU), und be-
hauptete, die SPD habe in ihrem Antrag falsch aus dem negativen Urteil des Ver-
waltungsgerichts zitiert. Dabei unterstellte er dem stellv. Fraktionssprecher Wolfgang Helbig Täuschung mit dem Hinweis auf dessen Tätigkeit als Richter.
Helbig verwahrte sich in einer persönlichen Erklärung dagegen. Er habe den Antrag weder geschrieben noch unterschrieben. Es sei im BA zu unterlassen, die berufliche Tätigkeit eines Kollegen in die
Debatte mit einzubeziehen.
Tram-Rekordfahrt mit Akku ohne Oberleitung
SPD-Fraktionssprecher Peter Scheifele erklärte, die vom Dipl. Ing. und Patentanwalt Weigel bezweifelte Befähigung der neuen Generation von Straßenbahnen, kilome-
terweit mit Hilfe eines Akkus und ohne die vom Gericht als störend kritisierte Ober-
leitung auszukommen, sei bewiesen und überreichte diesem als Beleg Zeitungs-
ausschnitte und die entsprechenden Meldungen samt Versuchbeschreibung. Zudem hat ein Notar die mittlerweile im Guinessbuch der Rekorde verzeichnete Testfahrt überwacht. „Es reicht, um den einen Kilometer im Englischen Garten zu über-
brücken.“ Er wies auch darauf hin, dass im Antragstext an keiner Stelle zitiert wurde.
Die Buslinien 54 und 154 seien ausreichend, glaubt Weigel. Er frage sich, „ob es nötig ist, ein Gartendenkmal wie den Englischen Garten zu durchschneiden“. Andreas Nagel (DaCG), beruflich europaweit
als Eisenbahningenieur tätig, klagte: „Damals war das Argument die Oberleitung, jetzt kommt man mit anderen Argu-
menten daher.“ Von Bussen hält er wenig, der krebserregenden Dieselabgase wegen.
"Eine Lebenslüge“ sei, so CSU-Fraktionssprecher Robert Brannekämper, die An-
nahme, die Tram könne auf einem „Rasengleis“ fahren, weil das technisch nicht machbar sei. Er forderte: „Die grüne Lunge Münchens darf nicht weiter geschädigt werden.“ Weiter erklärte er, dass
eine Trambahn, die an Menschen vorbeifahre, viel zu gefährlich sei und die Trasse daher mit 1,50 Meter hohen Absperrgittern umzäunt werden müsse.
Trasse am Chinesischen Turm breit genug
Peter Scheifele hielt dagegen. Die Trasse vorbei am Chinesischen Turm werde ja nicht breiter. Dort wo die CSU an der Macht sei, würde in der Regel überhaupt keine Rücksicht auf die Natur genommen.
Scheifele verwies auch auf zahlreiche euro-
päische Großstädte, in denen Straßenbahnen sogar durch Fußgängerzonen fahre, ohne dass dort jemand zu schaden kommr. Und er fragte, an die CSU-Fraktion gewandt: „Wenn die Straßenbahn so
schrecklich ist, warum haben Sie bei der St.-Emmeram-Tram zugestimmt?“ Darauf ein CSU-Fraktionsmitglied: „Das fragen wir uns auch.“ CSU-Senior Franz Reznik meinte gar: „Das war ein Fehler!“
Eine Bürgerin fragte irritiert: „Von welchem Englischen Garten reden wir eigentlich. Durch den Englischen Garten, durch den ich mit dem Rad fahre, geht er Isarring. Der Bus fährt auf Asphalt, da ist
bereits eine Schneise drin.“ Die Busse seien zudem eine Gefahr für Radler und Fußgänger. Wenn sie die Wahl hätte würde sie die Tram immer dem Bus vorziehen.
Der BA lehnte den SPD-Antrag mit 19:14 Stimmen ab. Dafür stimmten mit der SPD Andreas Nagel (DaCG) und die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser. Die übrigen drei Mitglieder der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen fielen ihr und der eigenen Stadt-
ratsfraktion - wie so oft - in den Rücken und stimmten mit CSU und FDP.
Kommentar
Grün gegen Grün
Der Englische Garten, von Kurfürst Karl Theodor 1792 als Volksgarten „zur allge-
meinen Ergötzung für Dero Residenzstadt München“ erdacht und von dem Schwetzinger Hofgärtner Friedrich Ludwig Sckell geplant, zählt mit 370 Hektar zu den größten
innerstädtischen Grünanlagen der Welt. Der Kurfürst mochte „diese schönste Anlage der Natur dem Publikum in ihren Erholungs-Stunden nicht länger
vorenthalten“.
Die vormals Untertanen aus der Münchner Residenzstadt aber sind mit dem kur-
fürstlichen Geschenk nicht immer pfleglich umgegangen. Der Isarring zerschneidet die grüne Lunge und macht ihr Atembeschwerden. Am Chinesischen Turm vorbei rauschen die Busse.
Tennis-plätze und Parkplätze im und am Park sind Tribute an die Moderne.
Den Ring unter der Erde verschwinden zu lassen, wird ein Wunschtraum bleiben. Die umweltschädigenden Busse durch die umweltfreundliche Trambahn zu ersetzen, könnte Wirklichkeit
werden.
Dass die Bogenhausener CSU nicht mitmacht, weil die bayerische CSU nicht mit-
macht, überrascht nicht. Aber dass drei Viertel der Bogenhausener BA-Grünen eine auf grünem Rasengleis ohne Oberleitung dahingleitende Trambahn nicht haben will, entsetzt
nicht nur die grüne Stadtratsfraktion, die dafür ist.
Beim Projekt St. Emmeram ist die CSU im letzten Augenblick auf die Tram aufge-
sprungen. Die Grünen müssen auf der Hut sein, den Anschluss nicht verpassen, wenn ihr schwarzer BA-Koalitionspartner auch diesmal die Richtung wechselt.